Überragende Aussicht auf die umliegenden 4.000er, gute Absicherung, leichte Kletterei an griffigem Fels - kurz gesagt: Plaisir!
So könnte man das Klettern am Jegihorn (3200m) oberhalb von Saas Grund im Wallis gut beschreiben. Perfekt zum Einsteigen in das alpine Klettern. Aber auch der perfekte Fels für meine erste eigene Neutour.
Kurz vor den Sommerferien 2019 stand an unserer Schule die Festlegung des Jahresprojekts für die 11. Klasse an. Mein Wunsch stand schnell fest: Ich möchte eine neue Kletterroute einrichten! Nur wie ich da hinkommen sollte, war mir noch nicht so klar.
Die Regelungen und Beschränkungen sind zahlreich, so viel wusste ich. Durch meinen Vater bekam ich Kontakt zu einem alten Studienfreund von ihm, der nun Bergführer in der Schweiz (Saas Fee) ist. Er kannte die Gegend, den SAC und auch den Hüttenwirt der Weissmieshütte gut und konnte mir damit die ersten Anfragen erleichtern.
Schnell hatte ich die offizielle Zustimmung für eine neue Tour am Jegihorn und musste mich dann „nur“ noch um die beste Linie im Fels kümmern.
Am Ende der Sommerferien begannen wir mit dem Auschecken der möglichen Touren. Unser Basecamp war die Weissmieshütte (2726m), von der Mittelstation Kreuzboden (2400m) in 40 Minuten zu erreichen. Nach ersten Mehrseillängentouren und mehreren Tagen in verschiedenen Teilen der Wand entschieden wir uns für einen Pfeiler neben der Jegihorn Südwand - ca. 200 m hoch und in sieben bis acht Seillängen zu klettern.
Hüttenwirt Roberto schlug uns diese auffällige Linie vor. 2018 hatte er selbst eine 8-Seillängen-Tour daneben eingebohrt. Der Plan war, die beiden Routen so gut zu verbinden, dass man die zwei Touren bei gutem Wetter an einem Tag klettern kann.
Zuerst richteten wir sie clean mit Schlingenständen ein. Jetzt brauchte es noch das Eisen dafür… meine Sponsorensuche hatte sich erfolgreich entwickelt. Zwanzig Bohrhaken bekam ich von Petzl direkt und nochmal zwanzig vom Basislager, dem lokalen Ausrüster in der Innenstadt von Karlsruhe.
Am ersten Bohrwochenende Ende September waren wir zu dritt unterwegs. Samstags konnten wir alle Stände sowie die unteren zwei Seillängen komplett einbohren. Am zweiten Tag folgten die Seillängen fünf, sechs und sieben.
Mitte Oktober vollendeten wir das Projekt, indem wir alle anderen Seillängen einbohrten und die Route komplett erstbegingen.
Wir freuen uns jetzt schon auf die Zeit nach der Schneeschmelze im kommenden Frühjahr, um mit vielen Freunden ein langes Plaisir-Kletterwochenende in der Jegihorn-Südwand oberhalb von Saas Grund zu verbringen.
Cosima Sernau, 25. November 2019
Steckbrief „Kusima“
- 7 Seillängen, Zeitbedarf 2-3h
- vollständig eingerichtet mit Bolts und gebohrten Kettenständen
- 50m-Seil, 8-9 Expressschlingen
- Zustieg 20-30 min: Von der Weissmieshütte in nordwestlicher Richtung über zwei Bäche in Richtung Jegihorn, den Markierungen (Holzschild) „MaRoCa / Kusima“ folgen und den Wanderweg im rechten Winkel queren auf ein Blockfeld mit Steinmännchen und Wegspuren. Einstieg bei markantem flachen Block rechts oberhalb des Weges
- Abstieg 1,5h: vom Ausstieg südlich den Steinmännchen folgend absteigen bis zu einer gut sichtbaren Fahnenstange. Dort 20m horizontal auf Wegspuren nach links bis zum Beginn des alten Leiterwegs. Die Leitern ca. 70-80m abklettern bis zum Pfad, der zurück zum Einstieg führt.
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